Gedanken, Erlebtes, Geschaffenes und Vergessenes

Schlagwort: Wahrheit

Rivalität

„Einst war ich wie Du…“,

flüsterte eine leise unscheinbare Stimme unter dem Bett.

„Ich war stark und groß… ich konnte intensiv leben und wachsen, wann immer dies möglich war. Vor Nichts und Niemandem hatte ich angst.  Ich hatte auch Geschwister, die ständig in meiner Nähe waren. Wir waren jeden Tag zusammen und erlebten viele Dinge. Meine Geschwister hießen Vertrauen, Wahrheit,Neugier, Empathie, Aufopferung, Güte, Wärme, Lust und Genuß. Ganz früher gab es noch eine Schwester, die uns aber früh verließ. Auf einmal war sie fort und kam nie wieder. Ich weiß nicht wo sie ist und ob sie noch lebt. Sie hieß Geborgenheit. Ich glaube sie vermisse ich am meisten…“
Die Stimme unter dem Bett klang traurig.

Eine strenge und düstere Stimme antwortete:
„Nun, mir geht es heute wie es Dir damals erging. Ich werde täglich größer und breite mich aus. Ich nehme alles in Besitz was ich bekommen kann. Deine Geschwister hab ich längst vertrieben, und auch für Dich ist hier bald kein Platz mehr!“

Ein trauriges Seufzen kam unter dem Bett hervor.

Die düstere Stimme wurde lauter:
„Du bist zu schwach geworden! Deine Geschwister sind zu schwach geworden. Nun haben wir, meine Brüder und Schwestern und ich, hier die Macht! Du kennst sie bestimmt: der Zorn, die Lüge, der Hass, die Kälte, die Trauer, die Resignation und die Angst. Es gibt nur Nahrung für eine Familie. Deine oder meine! Deshalb werdet ihr alle gehen müssen!“

Die leise Stimme flehte:
„Ach bitte lass mich nur noch ein klein wenig bleiben! Ich weiß nicht wohin ich soll und meine Geschwister finde ich nicht mehr. Deine Schwester, die Kälte, erdrückt mich jeden Tag immer mehr. Sie wird immer dicker und sitzt schwer auf mir. Ich bekomme kaum noch Luft. Bitte lass mich gehen, sobald ich etwas Kraft habe, ich will nicht sterben…“
Man hörte deutlich das verzweifelte Schluchzen. Die dunkle Stimme berührte dies wenig. Sie donnerte wütend:
„Denkst Du ich merke nicht, wie Du jeden Tag kämpfst?! Ich werde Dir wenig Raum geben, Dich wieder auszubreiten! Sobald Du zu Kräften kommst, wirst Du auch wieder Deine Geschwister rufen und dann werdet Ihr mich und die meinen wieder verjagen. Dies werde ich nicht zulassen!“

Noch vor einigen Jahren war die Situation umgekehrt. Da zischte der Zweifel leise aus dem Dunkel seines Versteckes und die Liebe lag feist zwischen den warmen Kissen. Nur wusste der Zweifel mit seiner kräftigen Stimme die Liebe zu erschrecken. Oft schreckte sie aus süßen Träumen empor, weil der Zweifel sie scharf anzischte, und sie konnte nicht wieder einschlafen. Diese dauerhafte Schlaflosigkeit machte die Liebe schwach und schwächer. Sie wurde immer dünner und kleiner. Am Ende kroch sie unter das Bett und der Zweifel schob seinen mächtig gewordenen Körper hervor und legte sich in die seidigen Kissen….

Ich sehe Deine Augen und höre Deine Worte… Dein Körper spricht wortlos…
Sag mir, was liegt jede Nacht unter Deinem Bett?!…

Kann Dummheit weh tun?

Mein ganzes Leben sehe ich mich damit konfrontiert mein Gegenüber zu bestaunen. Ich freue mich über jedes Individuum, welches in mein Leben tritt. Ich sehe es, beobachte es und staune. Staune über mich selbst, wie ich reagiere. Leite vom Verhalten des Beobachteten ab, wie ich mich verhalten kann und wie ich mich wirklich verhalte. Was ist richtig, was ist falsch? Ich halte nichts von Dogmen, die von Menschen kreiert wurden, die Nichts wissen. Es gibt meist keine Basis für diese Dogmen, keine Logik und keine Struktur. Mir sind sie längst zuwider geworden, diese Menschen, die lautstark ihren Platz fordern. Sie lassen wenig Individualität des Anderen zu. Sie fordern! Sie drängen die Leisen, die Sanften, die Ängstlichen und Schüchternen beiseite. Schieben sie von ihrem Platz und breiten sich aus, wie ein Geschwür. Wie von einem Bakterium befallen stirbt sukzessive jegliche Intelligenz in ihrem Umfeld und hinterlässt nur noch nekrotisches Gewebe in Form menschlicher Figuren. Eine Anhäufung von Zellen, die wie eine mehrzellige Amöbe wabert aber nichts vollbringt. Plötzlich wird man auf die bloße Existenz reduziert. Funktionierend. Existierend. Kriechend. Kein Impuls setzt mehr ein Zeichen für die Evolution. Die Degeneration der Intelligenzen schreitet fort.  Das Bewusstsein der eigenen Existenz ist auf ein Minimum gemindert. Lediglich die Hülle wird noch als „Ich“ registriert. Die Antennen zum „Sein“ sind längst tot. Kein Gefühl mehr für das „Sich selbst“ -somit auch keine Gefühl mehr für das Andere. Ich sehe das Sterben, das Mutieren der Zellen. Ich fürchte eine Infektion-doch Dummheit ist nicht ansteckend. Oder doch? Genügen wenige Faktoren, um das Denken zu stoppen? Für immer zu töten? Oder komatisch zu lähmen? Dummheit schmerzt nicht. Da der Körper auf Funktion und Selbsterhalt geschalten hat, bleibt kein Raum für eine Stimulation des Neokortex-eine fortschreitende Degeneration ist die Folge. Ein Massensterben und Siechtum. Ich spüre den Schmerz. Schmerz der vom Sehen, Hören, Fühlen und Riechen kommt. Jeder Kontakt mit bereitet Übelkeit und dennoch ist der Wille zu finden ungebrochen. Ich steige über die Berge aus menschlichen Amöben. Dränge mich an ihnen vorbei und suche das Leben. Leben in einem Ozean aus Fleisch…

© 2025 Peggy's Blog

Theme von Anders NorénHoch ↑