Oh wie ich diesen Teil des Jahres fürchte und verachte. Die Zeit des Konsums und des Kommerzes. Überall schallt einem die geheuchelte Besinnlichkeit und fiktive Ruhe entgegen. Untermalt von bunten Lichtern und Endlosschleifen von Weihnachtsliedern… Jeder der nur halbwegs ein paar Töne aneinanderreihen kann muss natürlich ein Weihnachtsalbum herausbringen und dieses in endlosen Merchandising-Paraden dem potenziellen Kunden ins Hirn bohren.
Jedes Jahr scheinen mir die Fenster der Menschen greller, blinkender, bunter, erschlagender, nervender…
bereits im November beginnen erste nachbarliche Schlachten um das grellste und bunteste Fenster oder Haus oder Grundstück. Wer etwas auf sich hält muss doch nach außen präsentieren was er hat. LED-Leuchtezapfen, Leuchtende Rentiere in Lebensgröße im Garten und mittendrin die obligatorisch an Dachrinnen und Ästen herabhängenden strangulierten Weihnachtsmänner.
Ich versuche mich zu erinnern, ob ich diese „besinnliche Zeit“ schon immer so furchtbar fand. Und im Nebel meiner Erinnerungen tauchen Schemen von Zeiten auf, als Weihnachten noch für Ruhe und Besinnlichkeit stand. Als Kerzen für eine romantische Stimmung sorgten, das Schmücken des Baumes zelebriert wurde und die Weihnachtslieder sanft im Hintergrund für ein passendes Ambiente sorgten. Klassische Musik und Chöre vermochten mir damals ein Gefühl zu vermitteln, was es in meinem Leben längst nicht mehr gibt. Das Gefühl, im Kreise der Familie zufrieden zu sein…
Nichts war schöner, als man diesen Menschen, die man mochte, ihre Geschenke überreichen konnte. Und nichts stimmte mich glücklicher, als zu sehen, dass die Beschenkten Freude an dem Überreichten hatten. Oftmals musste ich sogar meine Freudentränen unterdrücken, nur weil ich jemandem eine Freude gemacht habe.
Und heute?
Gibt es keine Familie mehr… nur noch ein Hauch von dem was ich einst als Familie betrachtete, ist noch vorhanden.
Die Geschenke die man den wenigen Menschen überreicht, werden nach finanziellem Wert beurteilt und nicht nach der Gabe des Herzens…
Die einst heiligen Rituale sind zu stupiden Abläufen von Prozessen verkommen…
Die Ruhe und Besinnlichkeit ist der Schnelllebigkeit der Zeit gewichen…
Auch die vermeintlichen Versuche der visuellen Medien etwas Weihnachtsstimmung zwischen Terror und Sexualität zu zaubern schlägt kläglich fehl…
Kaufen…Gewalt…Sex…Kaufen… immer die gleichen Dinge…
Mit der obligatorischen jährlichen Spende für einen gemeinnützigen Zweck ist für viele auch der moralischen Verpflichtung genüge getan… jetzt kann das große Fressen beginnen…das Heucheln…das Besinnen.
Und nach dieser Zeit? Folgt das Umtauschen der Weihnachtsgeschenke…
Ein Geschenk, was eigentlich von Herzen kommen sollte, wird durch ein anderes, genehmeres Konsumprodukt ersetzt. Im Zweifel und um dem vorzubeugen liegen ein paar Scheine unter dem Weihnachtsbaum…
Wo ist die Zeit geblieben, wo ein Geschenk versucht das Herz des Anderen zu berühren?
In der ein Geschenk nicht nach dem Marktwert beurteilt wird?
In der man nicht befürchten muss, einen enttäuschtes Gesicht zu sehen, wenn der Beschenkte das Papier um das Geschenk entfernt hat. Achtlos wird das Geschenk beiseite gelegt..hmmm…schön… Wann gibt es Essen?
Ich trauere um diese Zeit, die es vielleicht nur in meinen Träumen gab oder die einfach nur zu lang her ist, als dass ich sie als Erinnerung einstufen könnte…
anlässlich des Mimosenmittwochs auf prosamimosa zum Stichwort: Weihnachten
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